Osterbräuche in Małopolska

Ostereier in Lipnica Murowana
Ostern, also das Fest der Auferstehung, ist das älteste und wichtigste christliche Fest, an dem man der Auferstehung Jesu Christi gedenkt und diese feiert. Heute wird das Osterfest von zahlreichen, unterschiedlichen Bräuchen, Traditionen und Ritualen begleitet, die ihre Wurzeln nicht nur im Christentum, sondern auch im Heidentum haben. Da das Osterfest stets im Frühjahr (immer am ersten Sonntag nach dem ersten Frühlingsvollmond) gefeiert wird, gibt es viele Osterrituale und -bräuche, die mit der Frühjahrswende, wenn der Winter endet und der Frühling beginnt, zu tun haben.

Die Zeit vor Ostern ist die Fastenzeit. Nach der Tradition der katholischen Kirche werden kurz vor dem fünften Fastensonntag Kreuze und Gemälde in Kirchen und Kapellen verhüllt. Dieser Brauch stammt noch aus dem Mittelalter. Die s.g. Fastenvorhänge sind mit umfassenden Darstellungen der Passion Christi oder mit anderen Passionsattributen reichlich geschmückt worden. Es handelte sich um eine Art Bibel fürs Volk - grafische Darstellung biblischer Ereignisse für die Gläubigen, die des Lesens nicht mächtig waren. In Małopolska sind acht von diesen einzigartigen bemalten Leinwänden zu sehen. Sie sind in drei Holzkirchen erhalten geblieben, die an der Route der Holzarchitektur in Małopolska liegen. Die meisten Vorhänge, nämlich vier Stück, findet man in der Johannes-der-Täufer-Kirche in Orawka, jeweils zwei Vorhänge findet man in der Dreifaltigkeitskirche und in der St. Antonius-Kirche in Łopuszna, sowie in der Mariä Heimsuchung-Kirche in Tłuczań, unweit von Wadowice. In der Kirche von Orawka, wo diese Tradition noch gelebt wird, werden die Vorhänge 10 Tage lang zwischen dem Vorabend des fünften Fastensonntags und dem Palmsonntag zur Schau gestellt. Der älteste und größte Vorhang stammt aus dem Jahre 1676. Er stellt die „Pieta unter dem Kreuz“ dar. Die sonstigen Vorhänge, die aus dem frühen 19. Jahrhundert stammen, zeigen, ähnlich wie der älteste, Szenen aus dem Neuen Testament: „Die Geißelung Christi“, „Die büßende Maria Magdalena“ und „Unsere Liebe Frau von den sieben Schmerzen“.

Opona wielkopostna

Am Palmsonntag verwandelt sich der Marktplatz in Lipnica Murowana traditionell in einen Platz, der mit prächtigen Farben der ausgestellten, traditionellen Osterpalmen strahlt. Die Einwohner des Dorfs Lipnica pflegen die Tradition ihrer Vorfahren, indem sie hohe Osterpalmen bauen, die anschließend im Rahmen eines Palmen- und Kunsthandwerkswettbewerbs in Lipnica bewertet werden. Die Palmen müssen aus natürlichen Stoffen, wie Weidentrieben (Weidenruten), Trockenblumen, immergrünen Pflanzen, wie Buchsbaum, Wacholder sowie aus Krepppapierblumen und Bändern gebaut werden. Direkt neben der Statue des Heiligen Simons werden die niedrigeren Palmen aufgestellt. Die höchsten werden an die alten, den Marktplatz umsäumenden Linden gebunden. Zum Wettbewerb kommen jedes Jahr zahlreiche Besucher. Er wird durch einen Jahrmarkt und Auftritte lokaler Folkloreensembles begleitet. 

Eine hervorragende Sammlung von Osterpalmen, die seit den Anfängen des 19. Jahrhunderts bis heute gesammelt werden, findet man im ethnographischen Seweryn-Udziela-Museum in Kraków. Unter 250 hier gesammelten Exponaten kommen die meisten Palmen aus der Region um Vilnius. Unter den traditionellen polnischen Palmen sind auch 10 Osterpalmen aus Rabka und der Umgebung zu sehen. 

Der Palmsonntag ist auch in der Kirche des orthodoxen und griechisch-katholischen Ritus ein wichtiges Fest. Die Lemken haben ihre Karwoche auch immer mit dem Blumensonntag begonnen. An diesem Tag hat man eine Schnur für die Leinenpeitsche gedreht, mit der man die Weidenzweige mit Kätzchen zusammengebunden hat, um sie für die Weihe vorzubereiten. Die von Lemken in ihre orthodoxen Kirchen mitgebrachten Palmen sind schlichter als Palmen, die in römisch-katholischen Kirchen geweiht werden. Sie werden aus Weidenzweigen gefertigt und mit bunten Bändern und Grünpflanzen, vor allem mit Buchsbaum, geschmückt.Lipnickie palmy

In der Umgebung von Kraków, in Dörfern Babice, Zielonki, Trojanowice oder Tomaszowice - ziehen am Palmsonntag die s.g. Pucheroki um die Häuser. Meistens sind das junge Männer, die mit linksherum gedrehten Jacken aus Schafsfell bekleidet und mit Strohgurten umgürtet sind, mit rußverschmutzten Gesichtern und kegelförmigen Mützen aus buntem Krepppapier auf dem Kopf durch die Dörfer ziehen. Dieser Brauch, der seinen Ursprung in den alten Geldsammelaktionen von Krakauer Studenten hat, war bereits im 7. Jahrhundert praktiziert. Die „Pucheroki“ bitten um kleine Geldsummen und rezitieren im Gegenzug Reden, kleine Gedichte, sprechen komische Dialoge und Glückswünsche zu den Feiertagen. Die Hausbesitzer begrüßen sie stets mit viel Sympathie.

Die berühmtesten Passionsspiele finden jedes Jahr im Passions- und Mariensanktuarium in Kalwaria Zebrzydowska statt. Der Kalvarienberg wurde 1600 nach dem Vorbild des Kreuzwegs in Jerusalem gegründet. Auf den Hügeln und Bergen, die die Basilika umgeben, sind Dutzende Kapellen errichtet worden, die malerisch in die Landschaft von Beskidy eingebettet sind und die durch zum Beten und Meditieren angelegte Kalvarienwege miteinander verbunden sind. Die Feierlichkeiten der Karwoche beginnen hier traditionell am Palmsonntag mit einer Nachstellung des Einzugs Jesu auf einem Esel in Jerusalem. Die Mönche des Bernhardiner-Ordens und die Schauspieler spielen die biblischen Figuren nach, die Pilger jedoch betrachten das ganze Mysterium nicht als ein Theaterstück, sondern eher ein Gebet. Die Szenen des biblischen Dramas, die mit den Feierlichkeiten einhergehen, ziehen Tausende von Gläubigen an. Von Palmsonntag bis zum Karfreitag gehen fast 150.000 Pilger aus ganz Polen und Europa den Weg zum Kalvarienberg.

Misterium Męki Pańskiej w Kalwarii Zebrzydowskiej

Die Fastenzeit und das bevorstehende Osterfest sind sicherlich eine gute Gelegenheit, die Stadt Miechów zu besuchen - eine, von Kraków nur 40 km entfernte Stadt, in der sich eine einzigartige Basilika des Heiligen Grabes Basilika des Heiligen Grabes mit der ehemaligen Klosteranlage befinden. Die Basilika von Miechów ist ein Ort der besonderen Verehrung des Heiligen Grabes. Jeden Freitag werden hier ein Kreuzweg abgehalten und ein Mysterium des Leidens, des Todes und der glorreichen Auferstehung Christi gefeiert. Das österliche Triduum wird hier auf ganz besonders feierliche Weise gefeiert.  

Eier als Symbol des immer wiederkehrendes Lebens gehören auf jeden Fall in jeden Osterkorb und die Ostereier gehören heutzutage zum Pflichtprogramm des Osterfestes. Der Brauch, Eier zu bemalen, ist schon seit der Antike bekannt, und die ältesten in Polen gefundenen Ostereier stammen aus dem Ende des 10. Jahrhunderts. Es ist eine schwierige Kunst, die Geduld und Geschicklichkeit erfordert. Die Künstler/-innen verwenden auch verschiedene Techniken. Eine der beliebtesten Methoden ist die Wachsmalerei. Nachdem das Ornament am Ei mit Wachs aufgetragen wurde, wird das Ei in die Farbe getaucht. Danach wird das Wachs entfernt und das farbige Muster kommt zum Vorschein. Eine andere Technik besteht darin, die gefärbte Eischale mit einem scharfen Werkzeug abzuschaben, wodurch ein Ornament entsteht. Die größte Sammlung von Ostereiern in Polen mit etwa 9.000 Stück, ist im ethnographischen Seweryn-Udziela-Museum in Kraków zu sehen.

Siuda Baba - ein rußverschmiertes, schmuddeliges, einen zerrissenen Rock tragendes und mit Kartoffelperlen geschmücktes Weib erscheint einmal im Jahr am Ostermontag. Einst wahrscheinlich an vielen Orten in Małopolska, heute nur noch in Wieliczka bei Krakow und Lednica Górna bei Wieliczka bekannt. Diese Tradition hat ihre Wurzeln in einer Legende über einen Heidentempel der Göttin Leda in Lednica Górna. In dem Tempel brannte ein heiliges Feuer, das von einer Priesterin das ganz Jahr über geschützt und aufrechterhalten werden sollte. Danach, voll mit Ruß von Feuer verschmiert, hat sie nach einem Ersatz für sich gesucht. Heute ist Siuda Baba auch auf der Suche nach jungen Mädchen, die sich mit Geld oder einem Kuss freikaufen können, was meistens dazu führt, dass sie auch mit Ruß verschmiert werden.

Siuda Baba

Am Ostermontag ziehen die Śmigus-Alten durch die Straßen von Dobra. Das sind junge Männer in Strohkostümen und mit Masken an Gesichtern. Der Brauch geht angeblich auf den Tataren-Überfall auf das Kloster Szczyrzyc im 13. Jahrhundert zurück. Die Tataren haben die Gefangenen in den Süden getrieben und bei dem Ort Porąbka eine Selektion durchgeführt: Diejenigen, die nicht mehr weiter laufen konnten, sind dort erhängt und diejenigen, die noch laufen konnten, sind freigelassen worden. Zuerst hat man ihnen aber die Zungen herausgeschnitten, damit sie niemandem etwas sagen konnten. Die Gefangenen waren in der Gegend verstreut. Es war um die Osterzeit, es war kalt, und so haben sie sich mit Stroh verkleidet und warm gehalten. Sie konnten nur dank der Unterstützung lokaler Bauern überleben. Zur Erinnerung an dieses Ereignis feiern die Junggesellen in der Strohverkleidung am Ostermontag und ziehen durch den Ort Dobra. Sie dürfen jedoch nicht sprechen. Sie geben nur Geräusche von sich, die für Menschen mit abgeschnittener Zunge typisch sind, wie Stöhnen und Glucksen - und begießen alle mit Wasser.

Dziady Śmiguśne


 
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