Der Bewegung Junges Polen entsprangen bekannte Poeten, wie die in Galizien wirkenden Jan Kasprowicz und Kazimierz Przerwa-Tetmajer. Hier entstanden auch die von den neuen Trends inspirierten Musikwerke von Mieczysław Karłowicz und Karol Szymanowski. Eine wahre Theaterrevolution brachten kurz darauf ungewöhnliche Dramen, darunter das berühmte „Wesele” von Stanisław Wyspiański, der bis zu seinem Tod 1907 in Krakau wirkte.
Die berühmtesten Theaterpremieren versammelten Menschenmassen im Zuschauersaal des wunderbaren Juliusz-Słowacki-Stadttheaters. Der riesige Bau am pl. Świętego Ducha, in den 1890er Jahren errichtet, ist außer einem Zeugen des Reichtums der Stadt auch ein wunderbares Denkmal der Epoche. Die Krakauer gingen nicht nur ins Słowacki-Theater; wer weiß, ob die populären Singspiele nicht mehr Zuschauer anlockten, so wie z.B. die berühmte, über viele Jahre nach der Premiere 1898 gespielte „Królowa przedmieścia”. Zuerst wurde es in einem kleinen Theater im Park gespielt, nachfolgend im größeren Volkstheater an der ul. Krowoderska.
Ebenfalls in Krakau wurde Anfang des 20. Jh die polnische Sezessionskunst geboren und entwickelt. Sie gewann schnell Anhänger und verdrängte den bis dahin dominierenden eklektizistischen Historismus. Einer ihrer großen Schaffer war Stanisław Wyspiański. Dieser vielseitige, talentierte Künstler war ebenso Maler, Projektant von Fensterbildern, Architekt und Innendekorateur. In der Hauptstadt Kleinpolens agierte der im Ausland vermutlich bekannteste polnische Sezessionskünstler Józef Mehoffer, Schöpfer berühmter Fensterbilder (z.B. für die Kathedrale im schweizerischen Freiburg).
Zu dieser Zeit entstanden auch die ungewöhnlichen Werke von Stanisław Witkiewicz, dem Schaffer des sog. Zakopane-Stils, der durch die Architektur und Ornamentik der Bergbewohner des Karpatenvorlandes, Podhale, inspiriert ist (Witkiewicz wollte einen polnischen Nationalstil in der Architektur schaffen). Die in diesem Stil entworfenen Bauwerke entstanden nicht nur in Zakopane, sondern auch an anderen Orten, so z.B. in Nałęczów, Poręba Wielka, Wisła. |
Skizze des Rathauses in Zakopane, 1899, St. Witkiewicz, Bogen Tatra-Museum |
Witkiewicz war seinerzeit nicht der einzige in Zakopane arbeitende Künstler. Dieser nicht große Ort am Fuße der Tatra wurde Anfang des 20. Jh zu einem der wichtigsten Zentren der polnischen Kultur! Maler, Poeten, Schauspieler und Schriftsteller zog die fantastische Landschaft der Tatra an, deren rohe Schönheit ideal in das künstlerische Konzept des Jungen Polens passte. Die wunderbaren Tatraerzählungen von Witkiewicz, die Poesie von Franciszek Nowickis und dem großen Dichter der Tatra Kazimierz Przerwa-Tetmajer sowie die ungewöhnlichen Bilder Leon Wyczółkowskis sind die besten Zeugnisse dafür. Die Künstler faszinierte jedoch nicht nur die Tatra, sondern auch die originale Kultur der Bewohner von Podhale. Im „góral” (Bergbewohner) wurde nahezu die Urform des Polen gesehen, das Podhale wurde als Siedlungsort der ursprünglichen polnischen Volkskultur behandelt.